Die letzten Meilen zum Landfall
Falmouth Voraus
Von Bord der MARLIN höre ich im Moment nicht viel. Seit ein paar Stunden ist das Schiff wieder in der Zivilisation auf dem AIS zu empfangen. Mit Skipper Jan schreibe ich alle paar Stunden via e-mail. Motorfahrt. Kein Wind. Alle wollen ankommen. So wird es sein. ETA Falmouth Donnerstag vormittag. Sie haben es fast geschafft. Ich bin stolz auf meine Crew. Und alle Freunde und Bekannte sollten es auch sein. War nicht ganz so easy wie geplant.
Ich bin ein bisschen traurig. Meine Chance für das letzte Stück an Bord zu kommen schwindet grade. Meine aktuelle Chemo dauert noch bis Dienstag und auch dann steht noch eine Knochenmarkspunktion an um den Erfolg der dritten Chemo zu bestätigen – oder eben auch nicht. Ich bin nervös. Ich bin vollgepumpt mit Antibiotika und anderen Medikamenten, am letzten Wochenende ging es mir alles andere als gut. Einblutungen im Mund als Nebenwirkungen von akuten Thrombozytenmangel. Nebenwirkungen. Erwartete Wirkungen. Ich trinke literweise Ingwerwasser, statt zu essen. Jetzt steigen die Blutwerte wieder an, dass Knochenmark nimmt seine Funktion wieder auf. Die Maschine Mensch um meine Seele herum fängt wieder an zu arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass ich auf der MARLIN gar nicht so gut aufgehoben bin im Moment und dass die Crew dass auch prima ohne den ollen Wnuk schafft. Die MARLIN zu segeln lernt man nicht in der Segelschule, die MARLIN zu segeln lernt man auf See. Da stehen im Moment andere am Steuer und ich sollte mich erst einmal um meine eigene Haut kümmern. Grins.
Wer meine Worte so interpretiert, dass es mir schlecht geht, ist falsch gewickelt. Jetzt wo die MARLIN den großen Schlag fast geschafft hat, fällt mir genau ein dicker Stein der letzten zehn Tage vom Herzen. Ich muss nicht im Krankenhaus liegen. Alles läuft nach Plan, besser als gedacht und gehofft. Mitleid ist echt nicht angesagt.
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